Der ewige Zug. (Sonett)

Auf butterweichen Schienen in der hellen Nacht,
da steht ein leerbesetzter Zug in voller Fahrt;
es murmelt in dem glattrasierten Schaffnerbart,
das stört des weißen Amselvogels Morgenwacht.

Dann bremst der Zug, dass das Geleise leise kracht.
Ein stummer Schrei ertönt von Hans und Hildegard,
die sich getrennt im Triebwagen haben gepaart;
derweil am Himmel strahlt der Sonne finst’re Pracht.

Indes der Zug fährt jäh vorbei am Tunnel – Schluss!
Er zerschellt am Felsen, zerspringt wie eine Nuss.
Die Lok dann trank vor Schreck ein Schlückchen Baldrian.

So fährt und fährt der Zug, was er im Reim wohl muss;
Doch hört, das Schlimmste, das passiert erst ganz am Schluss:
Der Zug erreicht sein Ziel – und kommt am Anfang an.

Bernd Watzka
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www.verdichtet.at | Kategorie: schräg & abgedreht | Inventarnummer: 24158