Kenntnisse einer Ehebrecherin
Ja, ich habe ihrem Wunsch entsprochen und mit ihrem Mann geschlafen, und ich tue es noch.
Die Frau hat eine Überzeugungskraft, die ihresgleichen sucht, ihre Geschichte erzählte sie mir gänzlich unvermittelt, damit konnte ich wirklich nicht rechnen.
Nach einer Kosmetikparty im Bekanntenkreis kam sie auf mich zu, ein Glas Rotwein in der Hand, und fragte mich, ob ich gerne Single sei.
Ehrlicherweise – warum sollte ich lügen – antwortete ich, dass ich in den letzten beiden Jahren keinerlei Bedürfnis nach einer Beziehung gehabt hätte, dass mir aber der Sex schon ein wenig fehle, denn der Schnelle-Nummer-Typ mit Unbekannten bin ich nun wirklich nicht, die wenigen Male, wo das gepasst hatte, waren auch schon wieder ein Weilchen her.
Ein kurzes Strahlen überzog ihr Gesicht. Meine Worte schienen sie ermuntert zu haben, denn sie erzählte mir von ihrem Leben, das wohl eher nicht zu den mit Zuckerguss überzogenen gehört: wie sie und ihr Mann sich in einem Kinderdorf in der Steiermark kennen gelernt hatten, als Jugendliche, er seiner Verwandtschaft entzogen, die unfähig war, sich um ihn zu kümmern, und sie, der zu Familie und Geborgenheit nur „abwesend“ einfiel. So fanden sie einander und gaben sich den Halt, den beide so dringend brauchten. Und hier stand sie nun, auf halber Strecke dieses gemeinsamen Weges: Mutter von drei Kindern, verheiratet mit diesem Jugendfreund, mit einer großen Bitte.
Sie wolle nicht meine Freundin werden, das sei nicht nötig. Und dann erklärte sie mir den Grund ihres überraschenden Vorstoßes: Sie brauche dringend eine Frau, der sie vertrauen konnte und die ihr eine große Belastung vom Hals schaffen würde. Ihre Ehe sei in Gefahr, weil sie den sexuellen Bedürfnissen ihres Mannes nicht gerecht werden könne und wolle.
Ich konnte es irgendwie nachvollziehen: Der Frust auf beiden Seiten stieg, sie fühlte sich zunehmend überfordert. Dazu kam, dass sie fürchtete, er würde in andere, noch ärgere Verhaltensmuster zurückfallen, wenn sie nicht bald etwas unternahm. Sie konnte sich noch gut an seine Spielsucht-Phase erinnern, die sie damals fast in den Ruin getrieben hatte.
Nun versuchte sie also dem, was sie Sexsucht nannte, beizukommen, und ich sollte ihr dabei helfen.
Der ungewöhnlichste Vorschlag, den ich jemals in meinem Leben bekommen hatte, und zugleich der weitreichendste: Ich solle durch den Ehebruch ihres Mannes ihre Beziehung retten.
Ihren Mann kannte ich vom Sehen, er hatte schöne, sanfte Augen, ein jungenhaftes Lächeln und einen kräftigen Körper, er war auf einer Baustelle beschäftigt, so weit ich mich richtig erinnerte.
Drei halbwegs schlaflose Nächte später rief ich sie an. Ein Kennenlernversuch könnte ja nichts schaden. So bin ich eigentlich sonst nicht. Wirklich nicht.
Aber erstens war und bin ich niemandem Rechenschaft schuldig und zweitens war ich neugierig, eine unfreiwillige mehrmonatige Durststrecke hatte ich auch hinter mir, dies nicht zu vergessen.
Als es zwei Tage später an meiner Wohnungstür klopfte, war ich ein Nervenbündel. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen?
Ich hatte zwar mein schönstes „Darunter“ angezogen und mich zurechtgemacht, rechnete aber nicht wirklich damit, dass es heute schon zum intimen Teil kommen würde, falls überhaupt jemals.
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass es gar keinen anderen geben würde, kein freundliches Geplänkel, keine leeren Worte.
Er zog eine Packung Kondome aus seiner Jackentasche und eine Tube mit Gleitgel aus der anderen und meinte, es sei mir hoffentlich recht, dass er das gleich mitgebracht habe, immerhin wüssten wir ja beide, warum er hier sei, und er freue sich sehr, dass ich einverstanden sei, seine Frau habe gut gewählt, ich gefalle ihm.
Was danach folgte, macht mich nicht stolz, ein bisschen schäme ich mich dafür. Aber die ganze Situation machte mich unverfroren und enthemmt, ich stand völlig neben mir, und das war schön.
Es gab kein Streicheln, kein Kosen, jede Handbewegung diente nur der maximalen Erregung, der eigenen zuerst und dann der des anderen. Ein zielgerichtetes Sich-Aufgeilen, eine hastige Vorbereitung auf den Final Countdown.
Er zog mich ohne Umstände aus, sich selbst öffnete er nur die Hose. Dann nahm er mich wie eine Schaufensterpuppe (ich ohne Widerstand, wie starr vor Schreck) und drehte mich um, sodass ich zur Wand gedreht stand, drückte meine Handflächen gegen die kalte Mauer und sich selbst hart gegen meinen Hintern. Irgendwann hatte er den Gummi übergezogen, glücklicherweise, zu solchen Gedanken war ich längst nicht mehr fähig. Er umfasste mein Becken von hinten und hielt mich an den Hüften in festem Griff. Und dann folgte unser „erstes Mal“.
Alles war anders als ich es bisher kannte, ich war ganz bei mir und meiner Lust, konnte ihn nicht sehen, wollte das vielleicht auch gar nicht. Er stand ganz dicht hinter mir und dennoch zog er bei jedem Stoß mit den Händen mein Becken zu sich hin, ungeduldig, rhythmisch. Wie ein Trommelstakkato, das seine Wirkung nicht verfehlen konnte.
Meine Brustspitzen trafen im selben Rhythmus auf die kalte Mauer, was mir jedes Mal einen zusätzlichen Schauer über meinen Körper laufen ließ.
Plötzlich zog er sich zurück, drehte mich um und forderte mich auf: Zeig mir, was Du sonst machst, wenn Du alleine bist. Zeig mir alles, komm.
Und ich konnte wieder nicht anders: Ohnehin schon bis zum Äußersten erregt stand ich da, mit dem Rücken an die Wand gelehnt, mit breiten Beinen vor ihm und legte Hand an mich. Ich war außer mir vor Lust und hörte seinen Hinweis: „Mit der anderen Hand, bitte …, so kann ich besser sehen.“
Die Wirkung auf ihn war anscheinend auch kaum geringer, er hielt es nicht lange aus, mir zuzusehen. Er hatte mein Stöhnen wohl genau richtig interpretiert, denn er drehte mich wieder um, ganz kurz bevor ich die Ziellinie alleine erreicht hätte.
Es fand sich sofort wieder, was vorher schon so selbstverständlich in einander geraten war, ohne Umschweife. Da brauchte es bei beiden nicht mehr viel, alleine das Eindringen brachte uns zum Finale.
Pur und gut, ohne Nachdenken sogar, hatte sich alles wie verselbständigt, beide Körper, die selbe Gier hatte uns erfasst, zuerst die ungezügelten Laute, danach Ruhe.
Wenige Worte, Rasten, ein Glas Wasser, nach einer halben Stunde ein da capo, an dessen Details ich mich nicht mehr so genau erinnere, es folgten danach unglaublich viele, wenn auch nicht an diesem Tag, so an den folgenden.
Die Geltube kam nicht zum Einsatz, bis jetzt nicht, und doch wollte er mir damit etwas sagen (darüber haben wir später kurz gesprochen, Sex war beinahe das Einzige, worüber wir uns unterhielten): Nötigenfalls bedürfte es meiner anfänglichen Lust nicht, es könnte auch anders laufen, ihm wären Tür und Tor geöffnet, und wenn er mich so, halb gegen meinen Willen, nehmen würde, dann wäre sein Ehrgeiz sicherlich, mich zum Höhepunkt zu bringen. Schließlich hätte er die Bestätigung, sozusagen das Einverständnis im Nachhinein, und ich müsste ihm verzeihen.
Unser Arrangement sah nämlich folgendermaßen aus: sein Ungestüm gegen meine Befriedigung.
Er konnte tun und lassen, was er wollte, solange ich an mein Ziel gelangte.
Ich gebe zu, manches Mal fühlte ich mich wie eine Nutte, die er besuchte, bezahlt mit Orgasmen statt mit Geld. Dann – selten – ich stellte mir die Frage: Ist das schlecht?
Und so spielten seine Frau und ich das Heilige&Hure-Spiel mit verteilten Rollen, während er in einer Person zwei Charaktere vereinen konnte: den geilen Bock bei mir und den freundlichen Gärtner zu Hause. Wenn er nämlich heimkam zu seiner Familie – seine Besuche bei mir erfolgten wochentags täglich, gleich nach der Arbeit – konnte er sich entspannt den Kindern widmen und sich später zu seiner Frau kuscheln, dem stand nun nichts mehr im Weg.
Dort hatte das Wilde nichts verloren. Sie hatte mir diesen Teil von ihm bereitwillig abgetreten.
Ihre Ruhe wurde nun nur noch an den Wochenenden gestört, so viel hatte er mir erzählt, mit ihr hatte ich ja ab dem Treffen mit ihrem Mann keinen Kontakt mehr, sie wollte das so.
Samstags kam er manchmal untertags zu mir, sonntags nie, da war sie an der Reihe.
Weil er nun keinen solchen Druck mehr verspürte, sexuell zu kurz zu kommen, war ihm das genug, er war zärtlich, liebevoll und behutsam, so wie sie es gerne hatte.
An den Montagen allerdings, so sagte er mir, konnte er tagsüber schon nur noch daran denken, wie er es mir heute besorgen würde. Die Arbeit brachte er zu Ende, eine Viertelstunde später klingelte er an meiner Türe.
Einen Schlüssel wollte er gerne haben, das habe ich ihm aber immer verweigert.
Das ist das Einzige, was mir an Abweisung bleibt: einmal nicht aufzumachen, nicht zu Hause zu sein. Darauf muss ich achten, dass ich mir nicht alle Rückzugswege verbaue.
Noch bin ich die Geliebte, die Liebhaberin, alles ist das falsche Wort, er liebt mich ja nicht, er liebt es, mit mir Sex zu haben, das schon. Sexgespielin, ja, das trifft es schon eher.
Ich bin die, die jeden Wochentag zwei Stunden Zeit hat, sich auf ihn vorzubereiten, sich hübsch zu machen, nur an ihn (beziehungsweise an Sex mit ihm) zu denken. Seine Frau ist noch viel zu sehr mit den Kindern beschäftigt, sie ist froh, wenn abends alle im Bett sind und Ruhe geben, und dann käme ihr Mann daher mit Ansprüchen? Ich verstehe sie gut.
Mir wird es langsam auch ein bisschen viel, und das, obwohl ich freiberuflich arbeite und niemanden außer mir zu versorgen habe.
Wie wird es weitergehen?
Werde ich einmal genug haben von Sex ohne Gefühle? Werde ich mir einmal einen „echten“ Partner wünschen, einen, der für mich da ist, auch wenn gerade keine Lustbefriedigung zu holen ist? Werde ich eine eigene Familie haben wollen, Kinder vielleicht?
Und sie, seine Frau: Wird sie einmal, wenn die Belastungen zurückgegangen, die Kinder größer und der Schlafmangel kleiner geworden sein werden, den dunklen, wilden Teil zurückhaben wollen von ihrem Ehemann? Wird sie die Leihgabe für beendet erklären, und wird sie es können? Werde ich es wollen, gewöhnt an tägliche Befriedigung ohne Verpflichtungen?
Und er, wird er sich wieder zurückreichen lassen, wie einen Spielball, an dem die Erste die Lust verloren hat, ihn darum der Nächsten weitergab, nur um dann draufzukommen, dass es ein besonderer Ball ist, den sie gerne wiederhätte?
All das habe ich zu Beginn nicht bedacht. Ich bin da hineingeraten, bin der Versuchung erlegen.
Noch sind wir nicht bei Zeiten der Entscheidungen.
Bisher ist fast nur Gutes geschehen: Ich bin höchst zufrieden mit seinen Leistungen und gehe viel entspannter durch mein Leben, habe nicht mehr das Gefühl, es drifte alles an mir vorüber, ohne meine Teilhabe.
Sie ist froh, ihre Ruhe zu haben und sich auf anderes, derzeit vor allem ihre Kinder, konzentrieren zu können.
Und er darf fast so viel Sex haben, wie er gerne möchte, und das auf vielfältige Weise, mit zwei Frauen, und keine ist ihm böse deswegen.
Wenn es anders wird, werden wir darüber sprechen müssen. Da kaum Gefühle im Spiel sind, noch nicht zumindest, und wir alle drei sehr rationelle Menschen sind, erhoffe ich mir unkomplizierte Lösungen.
Was ich bis dahin mache? Genießen – und vielleicht sollte ich dann ein bisschen später einmal meine Gedanken etwas ordnen, Inventur machen, alles aufschreiben.
Tina Fanta
www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 13016