Elazar Benyoëtz zum 80. Geburtstag

Erzählen heißt immer auf Biegen, oft auch auf Brechen.
Man kommt sich auf diesem Weg abhanden oder gefährlich nah.

Eigentlich brauchen Dichter keine Denkmäler. Niemand schreibt, um in Stein gemetzt zu erstarren. Ein Wortmetz ist der Dichter von sich aus. In seinen Werken liegt der Widerhall bereit, wenn andere sie lesen. Trotzdem werden Straßen, Bibliotheken, Plätze und Häuser nach Dichtern benannt, die manchmal auch mit Statuen, Halbreliefs und Büsten ausgestattet sind. Das ist unumgänglich und erwidert den Nachruhm. Es werden Reden gehalten und Seminare veranstaltet, Festreden und Würdigungen geschrieben. Das ist nützlich und verstärkt den Nachhall. Bei Elazar Benyoëtz ist es ein Vorhall.
Ich bin Elazar Benyoëtz persönlich nie begegnet und seinen Büchern erst vor vier Jahren. Da kannte ich gerade zweieinhalb Bücher von ihm. Spät, sehr spät, wenn ich bedenke, dass ich schon seit rund 60 Jahren lesen kann und mich immer mit Büchern und Sprachen beschäftigt habe. Der Trost: Solange man lebt, ist es nie zu spät für das Glück neuer Begegnungen.
Einer der ersten Aphorismen von Elazar Benyoëtz, den ich las, war der am Anfang zitierte. Ich wählte ihn als Motto zu meinem Buch „Forellenschlachten“, mein Buch zum Erinnern und Erzählen über die jugoslawischen Zerfallskriege der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts. Wo haben sich da die Wege gekreuzt? Ein israelischer, deutsch schreibender Aphorismen-Dichter und eine österreichische Ex-Journalistin? Die Kreuzung liegt in einer Person, Riccarda Tourou, die lange Jahre als Lektorin mit Benyoëtz gearbeitet hat und dann durch Glück? Zufall? Gottesweisung? meine Lektorin wurde. Wem soll ich heute danken, wenn man an keine der drei Ursachen glaubt?
Ich danke einfach.

Das Vergebliche reicht am Weitesten

Mit dem Glück komme ich noch am besten zurecht. Nicht im Sinne von luck, sondern fortune, dem Geschenk, der Bereicherung. Wo das „Masl“ dazwischen gehört, weiß ich nicht.

In Zweifel gezogen, dehnt sich der Glaube aus
Aber seither geht mir die Frage nicht mehr aus dem Kopf, wie mein Leben ausgesehen hätte, wäre ich früher auf Elazar Benyoëtz gestoßen? Wäre ich ein anderer Mensch geworden?

Den Menschen verändern:
ihn glauben machen,
es könnte ihn noch geben

Wäre ich ein besserer, glücklicherer, fröhlicherer, ernsthafterer, liebenderer und verzeihenderer Mensch geworden? Hätte er auf meine Entscheidungen Einfluss genommen?
Kein Wissen, nur Vermutung.
Es ist tröstlich, wenn eine maßgebliche Stimme auf alle meine Fragen eine Antwort hat:Es ist eine humanisierende Kraft, die uns da vermittelt wird: Die Fähigkeit, zuzuhören. Der eigentliche Leser seiner Bücher liest und schreibt anders als zuvor, er blickt auch umsichtiger auf seine eigenen Illusionen, auf seinen Gott, auf seine Fähigkeit zur Wahrheit …“, stellt der Braunschweiger Professor für Neuere deutsche Literatur, Jürgen Stenzel, fest.
In dieser Aufzählung ist beieinander, was das Lesen von Elazar Benyoëtz bewirken kann. Und noch viel mehr, das Höchste, was einem Menschen zu Lebzeiten zuteilwerden kann: Es leuchtet das Licht der Erlösung, nicht ihrer Vollendung, sondern das Versprechen auf eine mögliche Befreiung. Nicht Lösungen, nichts Praktisches für den Alltag, sondern ein Eingeständnis, dass es die Auflösung der Rätsel nicht gibt. Sicher nicht aller meiner Rätsel. Ob Elazar Benyoëtz sie hat, kann ich nicht sagen, denn dazu habe ich seine Werke noch immer zu wenig gelesen und verstanden. Er eröffnet Aussichten, er erfrischt, tröstet und lässt hoffen. Die Erfrischung ist der Sturm im Kopf, den seine Aphorismen auslösen – ein Sturmwind. Da nimmt jemand die deutsche Sprache unter die Lupe, zerbröselt sie in die allerfeinsten Teilchen, spießt sie auf wie ein Schmetterlingssammler und nimmt sie beim Wort.

Humor –
Leichtsinn
der Schwermut

Bei mir kommen Kindheitsbilder auf: Wie die Mutter endlos den Strudelteig geknetet, gewalkt und in die Luft geworfen hat und ihn auf seine Belastbarkeit geprüft hat. Oder: Wie lange können wir noch in einen Luftballon blasen, bis er platzt, oder in den Milchschaum, knapp bevor er übergeht?
Wie weit kann man die Sprache treiben? Dieses Prickeln knapp vor dem Überdehnen, das ist seine Methode und macht seinen Humor aus. Wer diesen Humor und diesen Witz im Sinne von Weisheit einmal entdeckt hat, wird ihn überall finden wollen und danach süchtig werden. Es stellt sich tatsächlich ein Gefühl der Vertrautheit ein, eine Zuneigung geradezu, die allmählich vor und neben die Bewunderung tritt. 

Sich entschließen – sich öffnen
Wer zum ersten Mal eine Aphorismen-Sammlung von Elazar Benyoëtz aufschlägt, dem wird sofort eine Besonderheit auffallen: die Beschränkung auf einzelne, isolierte und – in grammatischer Hinsicht – einfache Sätze, häufig mit semantischer Pointierung und in witzigen, weisen, überraschenden Kombinationen. Seit Jahren enden seine „Einsätze“, wie er seine Aphorismen zu nennen pflegt, ohne Satzzeichen.

Was willst du zwischen den Zeilen finden,
ich stehe doch hinter meinem Wort,
kann man dir endlich folgen

Meine Sprache macht mit mir, was ich will
Der Klang ist des Wortes Körper, der Sinn sein Schatten

Lässt du dich gehen

Kritik der Sprache ist ein Bei-Spiel des Gedichts

 2 Meine deutsche Dichtung platzt aus allen Nöten.

Das Besondere, Einmalige an diesem Dichterleben: ein mit zwei Jahren aus dem Land und der Sprache Verstoßener, der ohne die eigentlich vorgesehene deutsche Muttersprache aufwuchs und dem Hebräisch zur Muttersprache wurde. Ein israelischer, zuerst hebräisch schreibender Dichter, der als 25-Jähriger „zurück in die deutsche Sprache einwanderte“, wie er selbst es nannte.

In seinem Buch Die Eselin Bileams und Kohelets Hund bringt er diese Ambivalenz immer wieder „zur Sprache“.
Andere Dichter wie Thomas Mann oder Bert Brecht brachten ihre Muttersprache ins Exil mit und hielten an ihr fest. Elias Canetti eignete sich die deutsche Sprache erst in Wien an (Die gerettete Zunge), nahm sie ins englische Exil mit und blieb in ihr.
Elazar Benyoëtz hat die deutsche Sprache in dem Land, das ihm nicht Exil war, sondern Heimat wurde, neu erlernt und sich nie wieder von ihr getrennt. Er schreibt in seiner – auch literarischen – Zweitsprache und gehört damit nicht einmal zur Exilliteratur. Seine literarische Sozialisierung fand im Iwrith statt.
Nachdem er seit 1956 fünf Gedichte und zwei Prosabände in Hebräisch herausgebracht hatte, legte er 1959 das Rabbiner-Examen ab. Er übte das Amt nie aus. Dieser Abschluss gab ihm, wie er sagte, in seinem Lebenslauf „Halt, nicht Richtung“.
1962 ging er nach Wien, niemand hatte ihn gerufen, niemand ihn eingeladen. Mit seinem bis dahin rudimentären Deutsch war er zu einem Gespräch kaum fähig. Aber hörte er etwas Besonderes in der Sprache der Österreicher? Tonfälle? Klänge? Man kann es nur vermuten. Soll es etwas mit der seltsamen Musikalität zu tun haben, die in Wien zusammenfließt, mit dem Vielvölkerstaat? Dass Haydn, Mozart, Salieri, Beethoven und Schubert hier waren und nicht in der Schweiz oder Berlin?

Juden lehnen gern an Wortstämmen und sind um die Wortwurzeln bekümmert
Wie tief diese Wurzeln reichen, erfuhr er an sich selbst, als es ihn mit unwiderstehlicher Kraft in die deutsche Sprache zog. Woher diese Kraft und dieser Sog kamen – niemand kann es genau sagen. Elazar Benyoëtz hat viele Worte und Bilder dazu, aber nichts Eindeutiges, eher Umschreibungen.

„Ich kann nicht vergessen, woran ich mich nicht erinnern kann.“ (Michael Turek)
Ich wage es und stelle vermessen eine einfache Rechnung auf.
Als Paul Koppel wurde Elazar Benyoëtz am 24. März 1937 in Wiener Neustadt geboren.
Er hörte eine Schwangerschaft lang die Muttersprache, hörte und sprach acht Jahre Deutsch, bis sein Vater starb und die Mutter ihn und seine Schwester Ruth auf Iwrith umpolte. Es ist damit nicht mehr so rätselhaft, dass ihm die deutsche Sprache zuflog, jenseits von allem Geistigen, Religiösen, Politischen und Gesellschaftlichen.
Der zweite Teil meiner These ist noch gewagter und weit entfernt von jeder Wissenschaft, es sei denn, es gibt eine Wissenschaft vom Herzen.
Elazar Benyoëtz hat neun Jahre Deutsch als Sprache der Liebe erlebt, die Liebe der Eltern und seine Liebe zu den Eltern und zur Schwester, alles fand sieben Jahre auf Deutsch statt. Als er viele Jahre später unter deutsch sprechende Menschen kam, tauchte er in die Sprache der Liebe ein wie in ein warmes Bad. Denn viel mehr als das Land oder eine Stadt ist die Sprache die Heimat, nach der man sich immer sehnen wird, wie verschüttet sie im Magma des Erinnerns auch liegen mag. Hitler konnte ihm den größten Schatz, die Sprache der Liebe, nur vorläufig rauben, Elazar Benyoëtz hat sie wiedergewonnen und sich und dem Tätervolk zum Geschenk gemacht.
„Ich kann nicht vergessen, woran ich mich nicht erinnern kann.“ Diesen Satz las ich Anfang Dezember in einem Zeitungsbericht über den Besuch von Emigranten der zweiten Generation in Wien. Ein gewisser Michael Turek wird mit diesen Worten zitiert. Er ist Sohn einer Wiener Jüdin, die 1939 mit dem letzten Kindertransport nach New York kam. Er ist 1949 in den USA geboren und kam jetzt zum ersten Mal nach Österreich. Diesen Satz hat Michael Turek in bestem österreichischen Deutsch zu Bundeskanzler Kern gesagt, als dieser die Gäste des Jewish Welcome Service empfing.

Nach Berlin wurde Elazar Benyoëtz 1963 eingeladen und bis 1969 aufgenommen. Um nicht zu vergessen, woran man sich nicht erinnern wollte, begann er, seine, ihn immer begleitende Vision zu verwirklichen, die deutschen jüdischen Schriftsteller nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Er nahm zahlreiche Kontakte mit noch lebenden deutschen Schriftstellern auf und erforschte Nachlässe deutscher jüdischer Schriftsteller. Daraus entstand das von Renate Heuer an der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt geführte Archiv Bibliographia Judaica, um den jüdischen Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte von 1750 bis zur Gegenwart zu erfassen, das 21 Bände umfasst. Mit seinen zahlreichen Zitaten verschiedenster Schriftsteller in seinen Büchern bleibt er der Erfüllung dieser Vision weiterhin treu.

Zwischen meinen Sprachen bin ich selbst die Scheidewand
1969 veröffentlichte er seinen ersten, teilweise noch aus hebräischen Tagebuchnotizen ins Deutsche übersetzten, Aphorismen-Band Sahaduta. Seither schreibt und publiziert er fast ausschließlich in Deutsch hochgradig sprachreflexive Minimalprosa und -lyrik und seit 1990 Collagen aus Aphorismen, Gedichten, Briefen und kontextbildenden Zitaten nach der Benyoëtz-Methode: rhythmisch, musikalisch, grafisch, zitierend und wortschöpferisch.

Meine Not bleibt größer als
die Tugend, die ich aus ihr mache;
sie schlägt zu Buche

Jeder kann sich der deutschen Sprache bedienen,
Juden können sich ihrer erbarmen

Die deutsche Sprache, die Benyoëtz nicht „benützt“, sondern sich ihrer „erbarmt“, ist die Sprache von Moses Mendelssohn, Franz Kafka, Karl Kraus, Nelly Sachs, Rose Ausländer und Else Lasker-Schüler.

Ein Jude, der heute deutsch schreibt, schreibt nicht mehr (auch) für Juden.

An die Deutschen: Sammelt unsere Tränen, nicht unsere Witze

Meine große Liebe war die hebräische Sprache, meine Geliebte ist die deutsche geworden; die Liebe erwies sich als teilbar. […]
Die deutsche Sprache passte sich mir an, doch ich habe nicht das Gefühl, ich habe sie judaisiert. […] Mir ist, als würde die eine Hälfte meiner Person für die andere Hälfte schreiben, ein Leben lang, das halbe Leben, das halbe der einen Hälfte eines Halben, halbhälft, hälfthalb.

Egon Schwarz, aus Wien emigrierter US-amerikanischer Literaturwissenschaftler, schreibt über Elazar Benyoëtz und sein Verhältnis zur deutschen Sprache:

„… Mit unheimlicher Verschlagenheit entreißt er der deutschen Sprache ihre Geheimnisse – er, der hebräische Dichter. Der Leser sieht seine müde Alltagssprache in das Bad dieser Aphoristik steigen und gereinigt, erfrischt daraus hervortauchen. Und er sieht eine alte Trauer in neuer Beleuchtung. Dank Elazar Benyoëtz könnte die deutsch-jüdische Literatur, Mark Twain paraphrasierend, sagen: Die Nachricht von meinem Ableben ist übertrieben.“

Die Sprache wird gegen den Strich gebürstet, um sie wieder fremd zu machen, wieder aufzumachen, um so einen neuen Blick auf sie zu gewinnen. Elazar Benyoëtz schaut auf die Wörter, blickt ihnen in die Seele, steigt zu ihnen bis zum Grund hinab, belauscht sie, dreht sie um wie einen Handschuh, stellt sie ins grelle Licht von tausend Sonnen, lässt sie durch Fegefeuer und Hölle gehen, schließlich holt er sie herauf und erlöst sie. Er schaut die Wörter in jeder Richtung an, sie schauen zurück. Die Wörter sind stumm, aber paradoxerweise antworten sie ihm.

Credo: Alle Siege werden davongetragen

Du bist im Recht; nun sieh zu, wie du
da wieder rauskommst

Vertrauen nicht schenken: wie Verdacht-schöpfen

Es kommt nicht
wie gedacht,
es kommt wie gerufen

Wortspiele verscheuchen die Todesangst vor der Sprache

Der Dichter und Theologe Albrecht Goes sagt über Elazar Benyoëtz: Ich bin, wenn ich seine Sätze lese, ganz still vor Bewunderung über diese Gabe, in zehn oder weniger als zehn Worten etwas ganz Gültiges und Grundgescheites oder Grundgutes (oder alle drei!) zu sagen – es ist darin wirklich eine ganz einzigartige Begabung.“

„Benyoëtz nimmt das Wort beim Wort und bringt es zur Besinnung. Seine Sprachschöpfungen sind wie ein Echolot, das er in den altneuen Sinn der Worte hinunterlässt. So nah kann man einer Sprache vielleicht nur in der Ferne sein …“, vermutet Verena Lenzen, Professorin für Judaistik und Theologie/Christlich-Jüdisches Gespräch an der Universität in Luzern.
Die heitere und gleichzeitig strenge, aber nie dogmatische Weisheit macht Elazar Benyoëtz so besonders anziehend, eine Weisheit, die aus dem Judentum kommt, die, so wie er selbst sagt, „gebibelt“ ist.

Mein Weg ins Deutsche –
war er gewagt?
war er verhängt?

Warum musste aus einem hebräischen Lyriker
ein deutscher Aphoristiker werden.
Solang ich noch schreiben kann,
bleibe ich mir die Antwort darauf schuldig
Die großen Fragen
sind nur ohne Antwort groß

Ich lausche
dem Wort
sein Meer ab
ehe es vermuschelt

Frühes und starkes Vorbild für Elazar Benyoëtz ist die Bibel, und zwar in der Gestalt der deutschen Luther-Bibel. Das Buch Kohelet, das in der Luther-Tradition Prediger Salomo heißt, ist das seltsamste Buch des Alten Testaments, ein Reflexionsbuch aus kurzen Urteilssätzen.

Ein Erzjude
dicht am Herzklopfen Luthers,
in der deutschen Sprache,
wie in einer Kirche

Ich habe
meinen Büchern
beigebracht,
klüger zu sein
als ihr Verfasser

Die Spiellust führt oft zu Wortneubildungen in Anlehnung an bestehende Komposita, wofür sich die deutsche Sprache besonders eignet: Identitäuschung, Filigranit, toleranzig, glaubheftig, Scheinhellig, verkleinmünzen, lebensbänglich.
Robert Menasse entwickelt in seiner Laudatio zur Verleihung des Ehrenkreuzes der Republik Österreich an Elazar Benyoëtz ein wunderbares Bild: „… dass Gottvater zur Rechten von Elazar sitzt und ihm, zu unserer Erinnerung, Sätze diktiert wie: „Am Anfang war nicht der Anfang, sondern das Wort.“ Ich selbst habe mich gefragt: Was kommt vor diesem Bild? Der Eingang in das Reich Gottes, der ist das Wort.

Ich lege“, sagt Gott, „meinen schönsten Stern in deine Hand, zerdrücke ihn nicht.“

Zwölf Gründe, Elazar Benyoëtz zu lesen
(Friedemann Spicker)

Weil    er den Aphorismus als Bruch schreibt:
            Es zählt das Wort, aber das Schweigen
            ist der Nenner.
Weil    er dich durch Kürze erlangt; aber
            nicht durch Pointe besticht.
Weil    er Bilder trifft, wo er Gedanken verfolgt.
Weil    man die Welt im Auge behält, wenn man
            den Blick auf seine Inschriften senkt.
Weil    er das Paradoxon zur Logik erhebt
            und erst dadurch im Grunde bleibt.
Weil    er Mittel gegen den Gegenwarts-Schmerz weiß:
            Kleinartigkeit und Schweigenähe.
Weil    bei ihm Sinn anklingt, wenn er sich
            auf Klang besinnt.
Weil    er sich zu Feststellungen erweichen lässt.
Weil    er taghell wortträumt
Weil    er in Beirrungen führt.
Weil    er mit Aphorismen erneut, bildet.
Weil    er im Anspruch auf Weisheit anspricht.“

Ich erinnere mich, viel vergessen zu haben. Es steht in den Sternen, ist hier nicht nachzuschlagen. Das Beständige fällt mit dem Leben zusammen.

Wie in meinem Buch setze ich diesen Aphorismus von Elazar Benyoëtz auch hier als Schlussmotto.  Und ich halte mit ihm fest:

Die Freunde der Dichter machen die Lesbarkeit ihrer Werke aus.

Engel oder Angeln
quietschen in den verrosteten Toren,
niemand wird dir sagen,
wovon sie singen wollten,
wären sie Sängerinnen
gewesen,
nicht verblühte Sterne

Ich wünsche diesem Dichter viele Leser und den Lesern, in ihrem Leben das Glück gehabt zu haben, Elazar Benyoëtz begegnet zu sein.

Veröffentlicht in:
Der literarische Zaunkönig – die Zeitschrift der Erika Mitterer Gesellschaft,
Ausgabe 1/2017

Veronika Seyr
www.veronikaseyr.at
http://veronikaseyr.blogspot.co.at/

www.verdichtet.at | Kategorie: about | Inventarnummer: 17125


Redaktionelle Anmerkung und Ergänzung im November 2019:

Der mit diesem Text von Veronika Seyr Gefeierte hat sich auf unnachahmliche Art bei der Autorin bedankt. Sie können diese besondere Widmung nachlesen.

Wir bedanken uns herzlich beim Literarischen Zaunkönig und der Erika Mitterer Gesellschaft für die Erlaubnis zur Veröffentlichung, über die wir uns sehr freuen.