- Kann man mehrere Lieblingslokale gleichzeitig haben, oder geht man dann schon fremd?
- Trägt der Stoff, aus dem unsere Träume gemacht sind, eigentlich ein Muster?
- Wenn uns das Universum etwas sagen will, warum ruft es dann nicht einfach an?
Etwas später in der letzten Woche war ich in der Stadt, um mir eine Hose zu kaufen. Eine die passt, gut aussieht, mindestens drei Kilo schlanker macht und nach dem zweiten Mal tragen nicht aussieht wie eine Baggy Pant. Ein kläglicher Versuch also. Aber ich wusste, irgendwo da draußen gibt es sie, ich müsste sie nur finden.
In unseren Vorstellungen passen uns immer alle Hosen. Sie sitzen perfekt und wir finden sie auf den ersten Griff. Aber wenn wir daheim sind und unseren Kasten öffnen, sehen wir einen Haufen an Kleidungsstücken, die wir nie tragen. Die vielleicht in unserem Kopf, aber nicht an uns gut aussehen. In Farben, die uns nicht mal in unseren Träumen stehen. Also hab ich mich gefragt: Wie sieht eigentlich der Stoff aus, aus dem unsere Träume gemacht sind? Hat er ein Muster und wenn ja, welches? Rosa mit Blümchen oder doch eher dunkelgrau mit Querstreifen? Querstreifen machen nämlich dick und das braucht nun wirklich niemand. Schon gar nicht in Träumen, auf die wir immerhin noch einen Funken Einfluss haben, solange nicht gerade Vollmond ist. In jedem Fall aber ist es derselbe Stoff, aus dem unsere Hosen gemacht sind. Und wir alle haben eine Vorstellung davon. Auch wenn diese Vorstellung am Ende nur grau und verstaubt im Kasten landet. Die Wahrheit ist doch, dass wir ohnehin am liebsten immer das Selbe anziehen. Weil wir uns darin wohl fühlen und wissen, dass wir damit nicht in peinliche Situationen geraten, bei denen wir im Erdboden versinken müssen. Denn das funktioniert niemals, auch wenn wir es noch so oft mit Harry Potter üben. Wir tragen unsere Lieblingsteile so lange, bis von ihnen nur noch Fetzen übrig sind. Und selbst dann versuchen wir sie noch zu retten. Denn ohne sie fühlen wir uns irgendwie einsam und auch ein Stückchen verlassen. Und so ist es auch mit unseren Träumen. Doch was ist, wenn es das Schicksal eines jeden Traumes – mit oder ohne Blümchen – ist, irgendwann zu zerplatzen? Damit er real und zu unserem Lieblingsstück werden kann. Und wenn er das nicht wird, dann hängt er zumindest in unserem Kasten, der bei uns zu Hause steht. Solange wir im wahren Leben keine Querstreifen tragen, wird alles gut.
Anna Zemann
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Ich habe ein Lieblingslokal. Gleichzeitig neben den neun anderen. Heute das eine, morgen das andere und für jedes das passende Outfit. Gestern zum Beispiel, war ich mit Nummer Sieben aus. Wenn ich Nummer Sieben treffe, dann trage ich immer roten Lippenstift. Nummer Sieben ist Franzose und wir haben gemeinsam Quiche gegessen. Nicht das romantischste Essen, aber wir kennen uns ja auch schon lange.
Nummer Sieben wohnt direkt ums Eck von Nummer Zwei, dem Italiener. Ich habe immer ein bisschen Angst, dass sich die beiden begegnen. Oder noch schlimmer, dass ich mit roten Lippen dem Italiener am Weg zum Franzosen in die Arme laufe. Wie sollte ich das erklären? Ich versuche gleich viel Zeit mit allen zu verbringen, aber immer wenn ich einen meiner Lieblinge besuche, habe ich ein schlechtes Gewissen den anderen neun gegenüber. Also hab ich mir überlegt, einfach alle hintereinander zu treffen. Aber kann man mehrere Lieblingslokale gleichzeitig haben ohne fremd zu gehen? Und wie kann man es schaffen, alle an einem Abend zu sehen ohne dick zu werden? Verbringen wir dann wirklich mehr Zeit mit allen oder gar keine mehr mit keinem? Und ist das im Leben nicht generell so? Wenn wir als ganzes bei einer Sache sind, dann ist es egal, wenn wir zu einer anderen Zeit ganz bei einer anderen sind. Denn immerhin waren wir da. Und das wirklich. Wenn wir uns zerteilen, um es allen recht zu machen, gehen wir nur einem einzigen fremd, uns selbst. Also esse ich jetzt Vor-, Haupt- und Nachspeise zwar mit, aber nur noch für mich. Heute Franzose, morgen Italiener.
Et Pasta.
Anna Zemann
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Wir alle haben ein Smartphone. Oder auch keines, aber dafür ein anderes Handy. Dann sind wir zwar nicht so cool, aber jedenfalls trotzdem erreichbar. Immer und überall, außer für das Universum. Das vermittelt seine Botschaften nämlich ohne klingelnde Vorankündigung, dafür aber ganz gern mit extra Ironie. So wie ein Caffè Latte mit zehn extra Schuss Espresso. Naja, dann ist man wenigstens wach. Was ich mich allerdings schon frage ist: Wenn uns das Universum etwas sagen will, warum ruft es dann nicht einfach an? Wäre das nicht einfacher für alle? In Zeiten der NSA sind unsere Nummern ohnehin überall zu finden. Warum müssen wir uns immer erst durch den alltäglichen Dschungel der subtilen Zeichen kämpfen und alles vermasseln, um dann irgendwann den Sinn zu erkennen? Es ist ja auch nicht so, dass wir Botschaften nicht verstehen wollen. Aber wie sollen wir das denn, wenn wir nicht wissen wie, oder wo, oder wann?
Letztens beispielsweise – an einem Sonntag Abend – hab ich den ganzen Tag zuvor damit verbraucht, auf eine Nachricht zu warten. Keine vom Universum, einem aus dem Handy. Eine Short Message: leicht zu empfangen, sehr schwer zu senden - offensichtlich. Dazwischen hab ich Gewand nach Farben sortiert, ohne Nachricht. Alte Fotoalben angesehen, die mir zufällig beim Anstarren des Bücherregals ins Auge gefallen sind. Hab etwas gekocht, ohne Hunger und ohne Nachricht. Hab die Wiederholungen der Samstag-Abend-Filme gesehen und bin knapp davor gewesen, bei Bauer sucht Frau hängen zu bleiben. Hab mehrere Stunden das Handy hypnotisiert, ohne Erfolg. Zugegeben: Wenn ich die Nachricht gewesen wäre, hätte ich auch Angst gehabt vor diesem Blick. Irgendwann aber, war dann genug gewartet. Leicht genervt hole ich den Müll und trage ihn vier Stockwerke nach unten. Das sind 120 Stufen. Ich weiß es, weil ich sie täglich beim Hinaufkeuchen zähle. Mein Handy kommt natürlich mit ... könnte ja sein. Der Müll fliegt in die Tonne, das Handy durch die Luft – unabsichtlich, aber immerhin – und das Display sieht aus, als hätte es mein Blick gesprengt. Eh schon egal denk ich mir, denn Nachricht bekomm ich ja ohnehin keine. Ich krieche 120 Stufen nach oben und setzte mich auf die Couch, mit einem Achtel Rot. Das Handy klingelt. Ich kann die Nachricht nicht lesen. Kein Lichtstrahl, der vom Himmel kommt, kein Engelschor, keine Harfe, nur die Ironie des Schicksals. Ich trinke weiter und das Handy klingelt nochmals. JA, ich hab die Nachricht verstanden! Diesmal sogar mit Ton. Na bitte, geht doch.
Anna Zemann
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