Von wegen Verschwörungstheorie!

Cui bono. Folge der Spur des Geldes. So sagen es diejenigen, die mehr zu wissen glauben als die anderen; die anderen, das sind für eingeweihte „Wissende“ die Hörigen, die dumme Systemherde.

Also mir reicht das jetzt. Ich finde, damit sollte Schluss sein, höchste Zeit, mit dem Unsinn aufzuhören. Ihr Besserwisser liegt falsch! FAKE! Es gibt keine Verschwörung, wie ihr sie vermutet. Denn – und jetzt haltet euch fest, aber besser nicht an eurem Laptop, sondern an etwas Beständigerem als an Social Media – es geht viel weiter als das. Und es ist so unglaublich, dass ihr Mühe haben werdet, es zu verstehen, mit euren beschränkten Gehirnen, die nur gepolt sind auf Existenzsicherung, Wohlstand und Beharren auf Althergebrachtem, wie der Annahme eurer  Überlegenheit, …
Ja, ich weiß, Sätze wie der vorangegangene  überfordern euch inzwischen. Ihr braucht kurze, einfache Botschaften, in simplen Worten. Was ich damit zum Ausdruck bringen will: Was ich zu sagen habe, ist wichtig. Und es wird steil. Es wird richtig steil. Es ist so unglaublich, wie es wahr ist. Und ich bin hier, um euch Kunde zu bringen von der echten, einzigen Verschwörung, der wahren Weltherrschaft, und von denen, die sie nicht an sich zu reißen versuchen, sondern die sie längst innehaben. Oder mit einfachen Worten: Ihr täuscht euch. Ihr sollt nicht manipuliert, abgehört, unterdrückt werden, ihr seid es längst. Und diejenigen, denen ihr am nähesten seid, die ihr liebkost und hätschelt, die sind es, die euch lenken.

Wie sie das machen? Sie kennen euch in- und auswendig. Sie wissen, wann ihr zur Arbeit beziehungsweise neuerdings eher „an die Arbeit geht“, wann ihr kocht, esst, sie hören eure Telefonate mit, sehen mit euch alles an, was ihr euch reinzieht. Sie beobachten euch, sie können jede Nuance im Ablauf eures Handelns korrekt interpretieren. Oder wieder in der einfachen Version: Sie kennen euch wie ihr eure Nasenpopel: Sie sind ein Teil von euch.

Gut, damit dürfte ich eure Aufmerksamkeit wiedergewonnen haben, verzeiht die Ausritte in die Hochsprache. Ich versuche mich zu bessern, denn ihr sollt alle verstehen, worum es geht: Es geht um alles.

Ich fange behutsam an: Wer von euch kennt James Bond? Ah, doch so viele, sehr schön. Und seinen Gegenspieler Dr. No? Was das ist? Ein Gegenspieler ist ein Feind. Also der Bond hat einen Feind, der will die Weltherrschaft. Ja, das kennt ihr: Feind und Weltherrschaft. Also gut, wir haben eine gemeinsame Basis, sehr schön. Ich zeige euch mal ein Foto vom Dr. No.

(Ein Fenster öffnet sich auf den einzelnen Bildschirmen der Teilnehmenden.)

Alles klar? Na, was seht ihr darauf?
Ja, das auch. Was noch?

So, und das ist der Schlüssel. Die Weltherrschaft und Dr. No. Dr. No heißt Dr. Nobody, er ist nicht wichtig. Wichtig ist das Wesen, das ihn lenkt. Und das ist jenes, das auf seinem Schoß sitzt. Ja, da schaut ihr verdutzt. Aber glaubt mir, so ist es. In diesem intellektuell eher bescheidenen Film ist so viel Wahrheit enthalten, dass es unglaublich ist, warum das nicht jemand vorher entdeckt hat. Aber so ist es bestens getarnt: Keiner nimmt ernst, was offensichtlich wahr ist.

Für diejenigen, die immer noch auf der Leitung stehen (und das meine ich jetzt nicht wörtlich, liebe Videochatgruppe …), nochmal ganz langsam: Die Katze ist der Boss.

Und zwar ist nicht nur eine bestimmte Katze ein Boss, sondern alle Katzen sind Bosse. Sie lenken die Menschen, Menschen tun alles für sie. Cui bono, vom Anfang meiner Ausführungen, ihr erinnert euch?

Wem hilft der Lockdown, um mit dem Naheliegendsten zu beginnen? Wer profitiert wirklich davon, uneingeschränkt, ohne sich dabei einen einzigen Nachteil einzufangen?

Die Antwort lautet: Katzen.

Sie freuen sich als Einzige ungetrübt über Homeoffice, Homeschooling, und wenn möglichst viele Menschen ihnen daheim zu Diensten sind. Sie liegen auf Tastaturen, auf dem Schoß des armen zu Hause arbeitenden „Katzenbesitzers“ (das glaubt er auch noch, der arme Tropf …), am liebsten den ganzen Tag. Mit gelegentlichem Lockdown bleibt mensch fast nur noch zu Hause, also zur Verfügung.

Und was ist mit: „Folge der Spur des Geldes“? Googelt mal, wie viel jährlich global für Katzen ausgegeben wird. Und wie es mit den Zahlen seit Beginn der Pandemie aussieht.
Wenn ihr schon dabei seid: Macht auch gleich eine Suche, wie es in den Tierheimen zugeht: Wollen nicht alle Menschen, die davor noch keine hatten, genau jetzt eine Katze, als Trost, zum Kuscheln, als Gesellschaft fürs Cocooning?

Der Boden war schon davor gut bereitet. Die PR-Maschinerie lief bestens. Eines der erfolgreichsten Musicals weltweit? Cats. So wurde eine „Story“ mit Gefühlen aufgeladen, die alte Katze singt herzzerreißend … Und Menschen weltweit schmolzen dahin.

Vergessen war, dass die Vorfahren allesamt Raubkatzen waren (und es noch sind!).

Grobe Verharmlosungen taten das ihre, zum Beispiel Fritz the Cat. Auch zu googeln, später. Aber werden wir wieder ernst. Denn es ist nicht lustig.

Wisst ihr, wer Bill Cats ist? Er versucht zu verbergen, wer er wirklich ist. Aber er ist derjenige, der die Menschen auf die Idee gebracht hat, ihre Haustiere zu „chippen“. (Haustiere deswegen, damit es nicht so auffällt, dass es nur um die Katzen geht; die Hunde sind egal, eine Kollateralerscheinung, sie profitieren aber teilweise von den Katzenplänen.)
Bill Cats also haben wir die Chips zu verdanken, von denen die uninformierten Menschen denken, dass sie zum Wiederauffinden ihres Kätzchens dienen. Haltet euch fest: Das Gegenteil ist der Fall!

Die Katze trägt den Chip, der mit einer App des menschlichen Wohnungsgenossen verbunden ist. Und weil die Menschen ihre Handys immer mit sich herumtragen, weiß die Katze stets, wo der Mensch ist, und ist so vor Überraschungen gefeit.

Ah, Entschuldigung, blöde Angewohnheit: Es gibt keine Überraschungen, soll das heißen. Und stets ist eigentlich dasselbe wie immer.

Also, gibt es dazu noch Fragen?

(Der Bildschirm mit mehreren Teilnehmern flimmert. Der Moderator des Chats, selbst unsichtbar, wiederholt daher die an ihn gestellten Fragen.)

Also, ich wiederhole, für alle, Frage 1, von Teilnehmer Andy: Wie kommunizieren die Katzen miteinander, wenn sie schon die Weltherrschaft haben, wie machen sie das?

Die Chips, die die meisten Stadtkatzen implantiert haben, wurden natürlich so programmiert, dass die Katzen auch miteinander kommunizieren können. Außerdem tragen viele Halsbänder, die ebenso zur Kommunikation genutzt werden. Telepathie beherrschen Katzen ohnehin seit Anbeginn. Und in ländlichen Gegenden, wo das Chippen und elektronische Halsbänder noch nicht so verbreitet sind, greifen sie auf die guten alten Methoden zurück: Sie verbreiten Fäke-News, kurz für Fäkalien-Neuigkeiten. Soll heißen, sie hinterlassen ihre … wie soll ich es sagen … Scheiße,  ja, so ist es nun mal, überall dort, wo ein anderes Katzentier sie finden kann. Mittels Beschaffenheit und Merkmalen wie Duft usw. werden Botschaften übermittelt. Drum finden sich auch sehr oft Hinterlassenschaften von Katzen in Nachbargärten: Sie geben damit eine Information an die dort wohnhafte Katze, die sie wiederum anderswohin weitergibt usw. Hat das deine Frage beantwortet? Aja, die Menschen entfernen die Fäke-News immer wieder mal, klar. Aber das ist aussichtslos. Die Katzen sitzen am längeren Ast, wie immer.

Alles klar so weit, schön, dann Frage 2 von Teilnehmerin Suzy: Wollen die Katzen uns Menschen was tun?

Nein, sie wollen nur die Kontrolle. Sie wollen bestes Futter, einen warmen Platz, unzählige Streicheleinheiten, bedingungslose Aufmerksamkeit. Sie wollen die Mäuse der Menschen und dass all ihre Artgenossen aus den Tierheimen befreit werden. Aber sie werden den Menschen nichts antun, denn sie sind schlau: Der Parasit lässt den Wirt leben, alles andere wäre Unfug. Ja, blöd halt. Das hab ich damit gemeint.
Sicher, es gibt schon ein paar gemeine Exemplare, Billy the Kitten beispielsweise, er war gefürchtet, aufbrausend, rachsüchtig, und das schon in ganz jungen Jahren. Aber all das weiß die Katzencommunity zu vertuschen. Sie überschwemmt das Internet mit lieblichen, drolligen Katzenvideos, die nur einem Zweck dienen: die Menschen in Sicherheit zu wiegen. Und zu verbergen, dass längst die Kontrolle übers Netz, über die Welt, jemand anderer übernommen hat.

(Bei einer Teilnehmerin ist das Bild ausgefallen. Der Moderator wird nervös.)

Hallo, Teilnehmerin Betty, hörst du mich noch?

Bettys leise Stimme ist zu vernehmen, bevor sie ganz verlischt: „Ich muss mich jetzt ausklinken. Meine Katze will hinaus.“

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Für Martina, mit großem Dank für ein wahrhaft erhellendes Gespräch 

Carmen Rosina

www.verdichtet.at |  Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 20124