Schlagwort-Archiv: an Tagen wie diesen …

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Dem extrem heißen Sommer sprachlich geschuldet

Transpirieren Sie mich nicht so an
Ich schwitze selber genug
Wünsche Ihnen ein paar schattige Abschnitte
an diesem hitzetollen Tag
Möge Ihnen Ihr Achselkuss-Deo nie ausgehen
in diesem hochheißen Sommer
Schatten suchen, die Schwüle verfluchen
Viel Flüssiges für die Nieren und kein heftiges Transpirieren
Möge die pralle Glutsonne Ihre mit niedrigem Schutzfaktor eingecremten
Glatzköpfe verschonen
Schweißminimierte Tropennacht, das Hitzekollertagwerk ist
vollbracht!
Möge deine Desodorierung den Kampf gegen das Achselschwitzen
gewinnen
Immervolle Eisbecher auf einer Sprühnebelterrasse
ein Ort für dich an diesen Höllentagen

Wilfried Ledolter

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen | Inventarnummer: 24142

Alle Tage

Er sah die Welt, wie er sie sehen wollte. Nicht wie sie war, so interessierte sie ihn nicht. Seine Sinne waren fehlgeleitet, sie zeichneten falsche Signale auf. Das wusste er, und war froh darüber. Den ganzen Tag traf er so nette Menschen, alle Tage. Und dabei sah er doch immer nur aus den Fenstern seiner Wohnung hinaus.

Von ganzem HERZEN nur das Allerbeste für dich. - und - das goldene Blatt

Von ganzem HERZEN nur das Allerbeste für dich. - und - das goldene Blatt

Johannes Tosin
(Text und Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen ... | Inventarnummer: 24123

Très chic

In der Modeabteilung eines Einkaufszentrums sah ich eine Verkäuferin. Außerordentlich elegant gekleidet, in einem braunen Blazer, einem Oberteil in Leopardenfelloptik und einer schwarzen Lederjeans. Als ich sie auf die schöne Hose ansprach, streckte sie ihr Bein aus und bedankte sich. Als sie sich wieder umgedreht hatte, wünschte ich ihr noch alles Gute.

Michael Bauer

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen | Inventarnummer: 23189

Was soll ich dir sagen?

Ich weiß nicht,
was soll ich dir sagen?
Nie geht es gerade,
sondern immer in Schleifen.
Gut oder schlecht, wichtig oder unwichtig,
Stückwerk.
Immer ist da jemand, der dich braucht.

Die goldene Bogenschützin auf der Heckscheibe

Die goldene Bogenschützin auf der Heckscheibe

Johannes Tosin
(Text und Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen ... | Inventarnummer: 24004

 

Acht Monate

Acht Monate war er weg gewesen. Nicht zuhause, nicht bei seiner Freundin. Eingesperrt. Es hätte länger sein können, das wusste er, aber acht Monate waren lang genug, kein Sex, keine Berührung, kein Kuss. Jeden Tag totschlagen, bis der Stapel von toten Tagen acht Monate ausmachte.

Nun saß sie neben ihm auf dem Sofa, von der er ständig geträumt hatte, sich ausgemalt hatte, wie es wäre mit ihr – nun war es soweit. Sie küsste ihn, und er küsste sie. Sie hielt seine linke Schulter fest, und er streichelte ihren linken Oberarm. Ihre rote Unterwäsche blitzte hervor wie die Feuerwehr beim Brandalarm, zwischen ihren Brüsten war ein langer Strich.

Er ging nicht weiter, er ließ es dabei. Was er bisher gehabt hatte, reichte ihm. Nähe und Zuneigung. Das Weitere kam morgen.

JUNGES THEATER KLAGENFURT - LIEBELEI - ARTHUR SCHNITZLER

JUNGES THEATER KLAGENFURT - LIEBELEI - ARTHUR SCHNITZLER

Johannes Tosin
(Text und Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen ... | Inventarnummer: 24008

Festplatte

Da habe ich meine Abhandlungen über Biologie gespeichert, den Hunger der Seesterne, Knochenfische in der Tiefsee, jahrelange Arbeit. Genau wie meine astrophysikalischen Berichte, eine neue Theorie zur Entstehung des Weltalls, Parallelität durch jedes Ereignis. Und dann kratzt meine Festplatte und macht nach ein paar Minuten schlapp. Keine Chance, die Daten zu retten, ich habe es verbockt! Das war es dann mit dem Nobelpreis und dem Breakthrough Prize, zehn Millionen Schwedenkronen und drei Millionen Dollar sind durch den Gully geronnen.

Die Erforschung der Stanniolfolie

Die Erforschung der Stanniolfolie

Johannes Tosin
(Text und Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen ... | Inventarnummer: 24019

Schulanfang

An einem meiner letzten Kindergartentage, an dem wir das Schulgebäude gezeigt bekamen, regnete es. Ich hatte zu meinem Schulranzen den farblich passenden Regenschirm bekommen und ihn parat. Die Erzieherinnen haben mir ein anderes Kind zugeteilt, mit dem ich mir auf dem Weg zur Schule den Schirm teilen musste.

Es war ein Mädchen, für das ich mich immer interessiert habe, das mich aber nicht mochte. Als ich ihr beim Gehen den Regenschirm hielt, merkte ich, dass sie schön gekleidet war und sich dankbar fühlte, dass sie nicht nass wurde.

Zum ersten Mal merkte ich, dass ich mich in sie verliebt hatte. Leider besuchte sie eine andere Schule und ich habe nie wieder etwas von ihr gehört.

Michael Bauer

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen | Inventarnummer: 22137

Tag der Wunder

Es war schwül, ein Unwetter kündigte sich an, mein Kopf schickte mir Vorboten um Vorboten. Und noch dazu sollten wir an jenem Tag meine Großmutter begraben.
Oder zumindest bei einem Gottesdienst verabschieden, es würde später eine Urnenbestattung geben. Ich war mit meinen beiden Brüdern unterwegs nach Tirol, wo unsere Oma so viele Jahre gelebt hatte, das Gefühl war mulmig, die Familie unserer Großmutter chronisch zerstritten, mal diese Schwester mit jener, mal redete der Sohn nicht mit der Mutter, mal sie nicht mit ihrer Tochter. Es war eine Art Dauerzustand beim in Tirol ansässigen Teil der Familie, es fiel im Normalbetrieb nicht mehr groß auf. Sie waren laut, sie debattierten gern und leidenschaftlich, auch und vor allem, wie Außenstehenden schien, über Dinge, von denen sie zu wenig wussten. Aber eine Meinung dazu hatten sie gewiss. Und die von anderen gelten zu lassen, galt kaum als verfolgenswertes Ziel. Hauptsache, lautstark zum Ausdruck bringen, was man davon hält, dass der andere überhaupt etwas Abweichendes meinen könnte. Wer mit der höchsten Dezibelanzahl am längsten durchhält, ist der Gewinner, so kannten wir die Diskussionen im Hause unserer Großmutter.

Und nun war sie nicht mehr.

Spannend blieb, wie sich das Treffen mit unserem Vater und seiner zweiten Frau gestalten würde, wir hatten einander zu diesem speziellen Zeitpunkt Jahre nicht gesehen. Und auch die drei Tanten waren uns nicht wirklich vertraut, zu groß der Abstand, räumlich (eine in Deutschland, zwei in Tirol), zeitlich, emotional.  Unseren Onkel hatten wir einmal vor ein paar Jahren besucht, er und seine Frau begrüßten uns freundlich, andere Friedhofsgäste blieben im Hintergrund. Unser Vater und seine Frau hielten vor der Aufbahrungshalle Smalltalk mit uns Geschwistern, er fragte mich scherzhaft (?), ob ich denn wieder Nachwuchs erwarte. Ich verwies aufs Wohlstandsbäuchlein und Freude am Essen und ließ die Sache gut sein.

Über dem Friedhof selbst braute sich etwas zusammen, schwarz wie die Nacht ballte sich die Wolkenfaust. Wir waren froh, in die Kirche zu kommen, bevor das Gewitter über uns hereinbrechen sollte. Im Gotteshaus selbst erleuchtete ein Kerzenkranz den Sarg, ein Foto unserer Großmutter war davor aufgestellt, sie schien uns anzusehen, oder machte das das Flackern der Kerzen?

Die Gedenkmesse verlief, was das Wort Gottes betraf, recht unauffällig, bis auf das laute Donnergrollen und die Blitze, die die bunten Glasfenster von draußen schlaglichtartig beleuchteten.
Beides nahm zu, und schließlich war es finster: Der Strom war ausgefallen. Nun tauchte nur noch der Kerzenschein die kleine Kirche in schummriges Licht, und stakkatoartig flashten uns die Blitze. Die Anwesenden murmelten, blinzelten, schauten sich um: Es bleib dabei. Altar und Sarg im Kerzenschein, ansonsten Finsternis. Die Zeremonie endete wohl etwas schneller als geplant, denn die Unruhe im Publikum nahm zu.

Schließlich verließ der Zug die Kirche und kam vom Regen in die Traufe, sozusagen, die Verabschiedung der Trauergäste untereinander verlief kurz und bündig, denn das Unwetter war in vollem Gang. Die Urnenbestattung war für Wochen später vorgesehen, und die meisten aus der Trauergemeinde würden sich ja im Gasthaus, unweit des Friedhofes, in wenigen Minuten ohnehin schon wieder treffen.

Doch auch dieses war nicht verschont geblieben von Weltuntergangsstimmung und Stromausfall: Die Küche war mittlerweile kalt, das Essen halbfertig im oder am Ofen, die Gäste hungrig und aufgedreht, die Stimmung zwischen Gereiztheit, Resignation und Fatalismus angekommen.
Die Anwesenden saßen im Halbdunkel, behalfen sich mit Getränken und waren dermaßen überdreht und strapaziert, dass keiner mehr die Kraft hatte, gegen irgendetwas aufzubegehren, was ohnehin nicht zu ändern war, und so geschahen mehrere Dinge:

Zwei der drei Tanten, die geschworen hatten, ewig kein Wort mehr miteinander zu wechseln, lagen sich schließlich weinend in den Armen. Unser Onkel ließ uns von unserem Vater ausrichten, wir mögen uns doch zu ihnen an den Tisch setzen, und tatsächlich führten wir ein Gespräch miteinander.
Ich legte mich kurz in den Nebenraum auf eine Sitzbank, weil meine Kopfschmerzen unerträglich geworden waren. Und als ich meine Augen wieder öffnete, war der Strom zurück. Nach einer weiteren halben Stunde kamen schön langsam die gefüllten Teller an den Tischen an, man aß, was die Küche in der Geschwindigkeit hergab, und war schlussendlich zumindest gesättigt. Diese Zehrung hatte ihren Namen wirklich verdient.

Danach ging es ans Verabschieden, ab zum Auto meines Bruders, glücklicherweise war das Gewitter inzwischen beinah abgezogen und die Sonne blinzelte schon schüchtern vom Himmel. Wir machten uns auf den Weg nach Norden, circa drei Stunden Heimreise lagen vor uns. Da äußerte ich die Bitte, doch noch kurz einen Abstecher zum Sportplatz zu machen, dort stand das Haus, in dem unsere Oma in einer kleinen Wohnung ihre sechs Kinder ohne Hilfe eines Mannes oder einer anderen erwachsenen Person mehr schlecht als recht großgezogen und das sie bis vor ihrer Unterbringung in einem Pflegeheim schließlich allein bewohnt hatte. Dass ich es sehen wollte, war mir spontan eingefallen, als Abschluss dieses denkwürdigen Tages, und es lag beinah am Weg.

Wir nahmen also die kleine Straße dorthin, und was soll ich sagen … Hätte ich es erfunden, würde ich mich ein bisschen genieren für dieses Klischeebild, aber nachdem es nun einmal so war:

Direkt über dem Haus stand ein prächtiger Regenbogen. Er umrahmte das schmucklose graubeige Gebäude auf wundersamste Weise.  Wir schauten, staunten, schwiegen und fuhren nach Hause.

Carmen Rosina

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen ... | Inventarnummer: 22110

Valentinstag

„Hallo Fritzi, ich bin gerade beim Rudi. So schöne Blumen! Der Mucki läuft aufgeregt herum. Er ist ja ein ganz verspielter kleiner Hund. Ich werde noch ein Weilchen bleiben. Und was ist bei dir?“, spricht die ältere Dame, die alleine und ohne Blumen am Valentinstag des Jahres 2022 neben dem Kleinen See entlanggeht, in ihr Smartphone.

Two Hearts

Two Hearts

Johannes Tosin
(Text und Bild)

www.verdichtet.at | Kategorie: an Tagen wie diesen ... | Inventarnummer: 22042