Ein Ohr taucht auf
Ein Ohr taucht auf – außen weiß mit drei kleinen schwarzen Punkten, innen weißer Flaum auf rosa Grund, ein zweites schiebt sich in mein Blickfeld. Und schon schnellt eine weiße Pfote vor, tastet das Leintuch des Bettes mit hektischen Bewegungen ab, prüft sozusagen, ob die Luft rein und das Bett frei von Feinden ist. Dann ertönt ein zirpendes Girren als Startsignal und mit einem eleganten Sprung landet ein weißes Wollknäuel auf dem Bett, auf dem ich, in ein spannendes Buch vertieft, liege, das ich aber beim ersten Auftauchen des weißen Ohres am Rande meines Gesichtsfeldes weggelegt habe. Geschmeidigen Schrittes stolziert mein Kater auf mich zu, springt auf meinen Bauch, zupft mit einigen nervösen Bewegungen an der Decke um das Vorhandensein etwaiger Feinde auszuschließen, dreht sich noch ein paar Mal im Kreis, um die beste Position ausfindig zu machen, und lässt sich dann schnurrend auf meinen Bauch nieder. Ich kraule sein weißes, buschiges Fell zwischen den Ohren und unter seiner Kehle, wo er es am liebsten mag – das Schnurren wird lauter und intensiver. Wir genießen beide diese gemeinsame Schmusestunde. Doch plötzlich schiebt er meine streichelnde Hand energisch mit seiner Pfote weg, steht steifbeinig auf, streckt sich, indem er kurz katzenbuckelt, und springt so rasch, wie er aufgetaucht ist, vom Bett.
Waltraud Zechmeister
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www.verdichtet.at | Kategorie: Von Mücke zu Elefant | Inventarnummer: 19054
Cocktail
Man nehme 10 cl Wut, 20 cl Trauer, 30 cl Scham und 40 cl Angst, mische das Ganze gut durch, garniere es mit einer Scheibe Hoffnungslosigkeit und stoße dann mit sich selbst auf sein Leben an … wirkt garantiert
Waltraud Zechmeister
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www.verdichtet.at | Kategorie: süffig | Inventarnummer: 19053
D’Fiass im Gatsch
Sie gräbt ihre Füße in die kühle Erde des frisch gepflügten Feldes, der Duft der Scholle steigt ihr befreiend in die Nase. Noch tiefer taucht sie ein mit ihren Füßen in den brauen Morast, der sich sanft um ihre Gliedmaßen legt. Sie schließt ihre Augen und breitet ihre Arme aus. Sie atmet tief ein, sie atmet tief aus, sie lässt die Energie in sich kreisen und spürt die wärmenden Strahlen der Sonne auf ihrer Haut. Vor ihrem inneren Auge ziehen Bilder vorbei, Bilder von gestern, Bilder von heute, Bilder von morgen, sie werden langsamer und immer langsamer, bis sie sich auflösen und als einzelne Farbfetzen vorbeitanzen. Sie gibt sich diesem Tanz hin und wiegt ihren Körper vor und zurück, ihre zur Seite gestreckten Arme wippen leise auf und ab und bewegen sich sanft um ihren Oberkörper. Tief atmet sie alles ein, was ihr guttut, und lässt diese Energie in ihrem Inneren kreisen, um mit dem nächsten Atemzug alles abzugeben, das sie nicht mehr benötigt, immer tiefer werden ihre Atemzüge, immer länger verbleibt die positive Energie in ihrem Körper und zieht dort ihre Kreise – immer schneller, immer wilder, immer enger, bis sie sie ganz in ihrem Gespinst glitzernder goldener Perlen einhüllt. Ihre Füße graben sich dabei noch tiefer ein in die kühle fette Erde des frisch gepflügten Feldes. Und auf einmal pulsiert es in ihren Beinen, sie spürt, wie der Saft des Lebens in ihnen hochsteigt und sie mit der Kraft der Erde erfüllt. Laut stöhnt sie auf und gibt sich dem Fluss der Energie in ihrem Inneren hin.
„Du heast, Voda, do is oba no kaa Bam g’stond’n, do om Rond vom Föd, des ma vuagestan pflügt ham … oda?“
„Na Bua, do woa a gestan in da Fruah no ka Bam!“
Waltraud Zechmeister
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www.verdichtet.at | Kategorie: fantastiques | Inventarnummer: 19052
Holzsplitter
Ich habe mir schon lange keinen Schiefer mehr eingezogen.
Mein Vater hat immer Bretter auf dem Holzbock zersägt – Brennholz war vonnöten.
Holz gehackt hat er nie.
Holz riecht gut.
Sägespäne sind gelb.
Bei Regen werden sie zu einem orangen Brei.
Manchmal habe ich mit meinem Vater Bretter zu Brennholz zersägt.
Früher haben Holzweiblein im Wienerwald abgebrochenen Äste und Zweige gesammelt.
Stürme lassen die stärksten Stämme einknicken wie Zündhölzer.
Die Gemeinde Wien gibt zu viele Rodungen in Auftrag.
In öffentlichen Höfen werden die Bäume und Sträucher im Frühling und im Herbst beschnitten.
In privaten Gärten müssen die Bäume gestutzt werden, wenn sie die elektrischen Leitungen überwuchern.
Beim Wandern finde ich immer wieder ein interessant geformtes Stück Holz.
Beim Schnitzen kann man sich arg verletzen.
Baumscheiben dürfen nicht aus den Wäldern verbracht werden.
Sägespäne sind gelb.
Waltraud Zechmeister
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www.verdichtet.at | Kategorie: Kleinode – nicht nur an die Freude | Inventarnummer: 19051
Holz vor der Hütte
Der Bauer hackt Holz und stapelt es fein säuberlich vor seiner Hütte auf.
Push-up-Bras bringen das Holz vor der Hütte noch besser zur Geltung.
Sie legt den BH auf das Holz vor der Hütte und sich selbst in die Sonne.
Als der Bauer die neue Fuhre Holz zur Hütte bringt, reibt er sich kurz die Augen. Schmunzelnd legt er dann den Büstenhalter beiseite und stapelt das Holz fein säuberlich vor die Hütte.
Sanft massiert er das Holz vor der Hütte.
Leise stöhnt sie auf, die Berührung des Holzes vor der Hütte lässt sie innerlich erbeben.
Fest umfasst der Bauer den Schaft seiner Axt und spaltet das Holz.
Als er mit der neuen Fuhre Holz zur Hütte kommt, ist der BH mit dem Holz vor der Hütte verschwunden.
Leise trällert der Bauer ein Liedchen vor sich hin, stapelt das Holz fein säuberlich vor die Hütte und räumt die Axt in den Schuppen.
Sein Tagewerk ist vollbracht.
Waltraud Zechmeister
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www.verdichtet.at | Kategorie: ü18 | Inventarnummer: 19050