Das brünftige Röhren im Herbst,
die ewigen Kämpfe ums Revier
und dieses Imponiergehabe –
das hängt mir längst zum Hals heraus.Ich verrat euch was: Ich spür’s in mir,
mit jeder Faser meines Leibes:
In mir drin, da schlägt das Herz
einer sanftmütigen Frau Hirsch.Sehr feminin, sehr fürsorglich,
gefühlsbetont und liebevoll;
stets aufopfernd für das Rudel,
kurz: die perfekte Hirschkuhfrau.Ich muss wohl einen Tierarzt finden,
der gern was dazu verdienen will –
mit einem neuen Spezialgebiet:
wildtierische Geschlechtsangleichung.Er kann, er soll am OP-Tisch machen,
was mich vom Hirsch zur Hirschin macht –
nur eine Sache muss ich deponieren:
Ich möcht mein schönes Geweih behalten!
Bernd Watzka
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aus: Wenn Wale weinen, Post-anthropozentrische Tiergedichte, 2022
www.verdichtet.at | Kategorie: auszugsweise | Inventarnummer: 22127