Ein Märchen, das es vielen Variationen und Kulturkreisen gibt.
Eines Abends kommen ein paar arme, hungrige Fremde mit nichts als einem leeren Kochtopf in ein Dorf. Die Bewohner geben ihnen aber nichts zu essen. Da füllen die Fremden ihren Topf mit Wasser, werfen einen Stein hinein und bringen ihn am Dorfplatz zum Kochen. Das weckt die Neugier der Dorfbewohner und sie fragen die Fremden, was sie da machen.
„Steinsuppe“, erklären die Fremden, „sie ist köstlich, wie Ihr bald sehen werdet; aber sie würde noch besser schmecken, wenn Ihr irgendetwas übrig hättet, um sie zu würzen.“ Da gibt ihnen ein Dorfbewohner ein paar Stängel Petersilie. Eine Frau erinnert sich, dass sie zu Hause noch einige Kartoffel hätte, holt sie und wirft sie in den Topf. Eine andere steuert eine Zwiebel und eine große Karotte bei. Und ein weiterer Dorfbewohner bringt einen Schinkenknochen. Während es im Topf kocht, kommen immer mehr Leute vorbei, um einen Rest von diesem oder ein Stückchen von jenem hineinzuwerfen, bis sich sein Inhalt zu einer nahrhaften und wohlschmeckenden Suppe verdickt hat. Alle – die Dorfbewohner und die Fremden – setzen sich hin und genießen zusammen ein Festmahl.
„Ihr habt uns das größte Geschenk gemacht“, erklärt einer der Dorfältesten, „das Geheimnis, wie man aus Steinen Suppe macht.“
Robert Müller
www.verdichtet.at | Kategorie: Lesebissen | Inventarnummer: 16154