Wenn es so weit ist, dann ist es so weit,
dann hat das Warten sein Ende gefunden.
Dein Warten, nicht meins, ich verzögerte,
ich ließ es nicht zu.
Du wolltest wohl, und ich ja wohl auch,
aber ich trachtete, mich nicht zu verschenken,
oder mich allzu billig herzugeben, du weißt, was ich meine.
Lust haben ist zu wenig,
das reicht für eine Nacht und nicht für mehr.
Nur das Körperliche ist nicht erfüllend,
dafür kann man jemand Beliebigen nehmen,
nehmen, benutzen und vergessen.Wir aber nahmen uns vor, alle Seiten des Kreises zu entdecken.
Du schriebst mir einmal, ich sei dein Tor in eine fremde Welt.
Warum bist du dann nicht durch es gegangen?
Weil du alles andere drüben hättest zurücklassen müssen,
und das war eine ganze Menge, dazu warst du nicht bereit,
mir ist das schon klar.
Du hättest bedingungslos sein müssen,
wie ein Trapezkünstler ohne Netz, Sicherheit macht langweilig,
Lebensversicherung, Wohlstandsbäuchlein.
Das Leben ist kein Spiel und erst recht keine Rechenaufgabe.
Weil die Zeit sich nur Richtung Zukunft bewegt,
gibt es jeden Moment nur einmal und damit keine zweite Chance.Meine Lage war anders als deine, ich hatte nicht viel,
also auch nur wenig zu verlieren.
Ich hätte es riskiert, doch was hat das zu bedeuten?
Bei einem Spiel mit geringem Einsatz ist man leicht mutig.
Ich wartete, ich wartete, du hieltest mich hin,
ich war geduldig, ich kann mir nichts vorwerfen,
ich wartete, wie lange?, ein Jahr.
Wer bis in alle Ewigkeit wartet, ist verblendet oder hat keine andere Möglichkeit,
das war in meinem Fall nicht so, ich hörte auf zu warten,
stand auf und ging davon.Hinter dem Fenster bewegt der Wind die Schneeflocken, das ist schön.
Ich erinnere mich, wir waren die Schneeflocken, die im Sommer tanzten.
Was ist wahr, und was ist nicht echt?
Was falsch ist, hat nur Oberfläche und keinen Kern.
Wenn der Film aus ist, kehrt man in die Wirklichkeit zurück.
Du gefielst mir, und ich mochte, was du zu mir sagtest,
ich sei dein Meer, in dem du schwämmest,
ich sei der Wald, aus dem du nicht mehr herausfändest,
so sei es, und wie es sei, so sei es dir recht.Will man etwas glauben, dann glaubt man das gern.
Die Lüge ist meist angenehmer und immer prachtvoller als die Wirklichkeit.
Man kann sie auf sich perlen lassen wie Wasser aus den vielen Öffnungen in einem Duschkopf,
und man fühlt sich gut dabei.
Aber danach, liebes Mädchen, trockne dich ab
und denk nicht mehr an das Wasser, das dich in die Irre führen wollte.
Manchmal war ich gefroren, da machte sich ein Funksignal von dir
auf den Weg zu mir, es war warm, und als es mich erreichte, taute ich auf.
Nie sollte es sein wie zuvor, immer anders sollte es sein und neu,
das war das Ziel, etwas das erste Mal sehen, niemand war hier zuvor.
Es gibt keine Garantie, dass etwas funktioniert,
auch wenn die Bedingungen optimal sind, die Beteiligten ihre ganze Kraft einsetzen,
einen Preis holt man nicht ab, man muss ihn sich verdienen.
Oft spielt einem das Gedächtnis einen Streich, es macht den Mann schöner,
die Dissonanzen werden weggelassen, bloß die getroffenen Töne bleiben,
der Bettler mag im Rückblick reich erscheinen.
Die gespitzten Sinne sehen den Feind bedrohlicher und den Freund verlässlicher,
die Gedanken springen, statt zu gehen.
Der Zauberer, dem man nicht glaubt, ist nur noch ein Trickser.
So viel passiert jede Minute auf dieser Welt, muss ich zu allem eine Meinung haben?
Nein, muss ich nicht, weil mich das meiste nicht betrifft.
Aber doch ist man der Taucher in der Brühe des Einerlei, wenn man abgestumpft ist,
wenn die Reize einen nicht mehr erreichen.
Das ist schlecht, drum sei aufmerksam.Warst du bei mir, versuchte ich, nie die Augen zu schließen,
weil ich dich immer sehen wollte.
Als du fort warst, machte ich sie gern zu, denn dann erschienst du mir,
es war nicht dunkel.
Kennst du das?, ist man glücklich, möchte man die Zeit bewahren,
man formt die Hände zu einem Gefäß, die die flüssigen Tage halten,
man kann die Hände aber sonst nicht gebrauchen, das darf nicht sein,
man bewegt sie wieder, und die Zeit rinnt weiter.
Ich bemühe mich, die Sonne zu sein und nicht der Regen,
ich lache, und weine nicht, und wenn ich auch weine, dann sieht man das nicht.
Wir bildeten uns ein, wir passten zusammen wie zwei Puzzleteile,
gemeinsam seien wir ein Puzzle, das nur aus zwei Teilen besteht.
Der andere allein ist einem genug, man denkt das oft im Überschwang,
vielleicht stimmt das ganz am Anfang, aber schon drei Schritte später tut es das nicht mehr.Stets zu gewinnen ist wohl etwas, was sich fast jeder wünscht,
doch in Wirklichkeit ist es erschöpfend, weil man dann schon alles hat,
und es nichts mehr zu gewinnen gibt, das wunschlose Glück ist kein Glück,
sondern ein Unglück.
Die Systeme sind kompliziert, Strömungen und Temperaturen,
miteinander verbunden, die perfekte Symbiose, perfekt bedeutet,
dass man es nicht besser machen kann, das mag trügerisch ein,
in der Natur aber ist es wahr, ein Abbild ist immer schlechter als das ursprüngliche Bild,
der Flug der Libelle kann Wolken verschieben, so ist es,
und wenn man es noch zehnmal wiederholt, wird es dadurch nicht wahrer.
Als ich dir erstmals begegnete, fand ich, du seiest so allein wie ein Gestirn im Nachthimmel,
so weit weg von allem, ein Stern, der sich selbst am Leben erhält, ein Mond,
ein Planet ohne Vegetation.Ich hatte immer Angst vor der Dunkelheit, und dann bist du gekommen,
als Komet im ewigschwarzen All, und ich dachte: Endlich wieder Licht!
Ja, es stimmt, du hast mich erhellt.
Und ich, habe ich dich dafür verhext? Ein wenig jedenfalls? Ich gab mir solche Mühe.
Zu Beginn strengt man sich an, ich bin die Richtige für dich,
ich bin der, den du gesucht hast,
erst in der Alltäglichkeit lernt man den andren tatsächlich kennen.
Man wird zu Stück und Gegenstück,
oder man trennt sich irgendwann, ist Minuspol und Minuspol.
Bei uns war es anders, mein Liebling, mein Schatz,
wir sind kurz nach dem Start stehengeblieben, es gab kein Ineinanderfließen,
Mund und Auge, aber keine Haut, dadurch blieb es spannend,
ein Getränk mit immer prickelnd Kohlensäure.Und jetzt bist du bei mir,
als Person, nicht als Geist oder Satz oder Bild.
Ich spüre deine Hand auf meinem Rücken,
und ich tue nichts dagegen.
Schließlich doch sage ich ja.
Johannes Tosin
(Text und Bild)
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